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REGIONALITÄT ALS ENTSCHEIDENDER ERFOLGSFAKTOR

INTERVIEW MIT DR. SIMON BERTL, DEM GRÜNDER VON LÄNDLEJOB.AT:

Interessiert einen Vorarlberger eine Stellenanzeige in der Steiermark? In der Regel nicht. Genau diese Überlegung brachte Dr. Simon Bertl dazu, über die Vorteile einer regionalen Jobplattform nachzudenken – und so gründete er 1999 kurzerhand ländlejob.at.
Wie der Service damals funktionierte, wie viel das Erstellen der Website kostete und wie ländlejob.at auf der Suche „nach einem guten Mann“ behilflich sein konnte, erzählt der gebürtige Bregenzerwälder im Interview:

Von der Idee zur Umsetzung: Wie sind Sie das Projekt angegangen? War Ihnen von vornherein klar, dass es ein „Ländle-Portal“ werden sollte und wer hat die Website schließlich erstellt?

Dr. Simon Bertl: Klar war von Anfang an, dass es ein regionales Portal werden sollte, um sich von den überregionalen bzw. nationalen Jobportalen abheben zu können. Denn einen Vorarlberger interessieren nun mal keine Stellenangebote in Wien. Allzu kleinräumig regional sollte es dann allerdings auch nicht werden, da eine Gegend wie beispielsweise der Bregenzerwald für ein solches Portal einfach zu klein gewesen wäre. Vorarlberg dagegen war von der Größe her genau richtig. Die erste ländlejob.at-Website hat mir dann ein Nachbar für 1.600 Schilling erstellt.


Was genau wurde den ländlejob.at-Kunden geboten? Wie lief das Ganze ab? Wie haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber zueinander gefunden?

Dr. Simon Bertl: Auf der ersten ländlejob.at-Seite gab es noch keine Stellenanzeigen. Hier konnten sich Unternehmen einfach als Jahreskunden registrieren und wurden dann in der jeweiligen Branchen-Kategorie und ihrer Region angezeigt. Bewerbungen gingen an uns und wurden mit den passenden Stellen „gematcht“. Jeden Samstag habe ich die Bewerbungen überprüft und diese – gegebenenfalls auch korrigiert und optimiert – an die entsprechenden Firmen weitergeleitet. Bei Interesse konnten diese dann Kontakt mit dem Arbeitssuchenden aufnehmen. Später war es dann auch möglich, einzelne Anzeigen zu schalten und somit gezielt nach einem Elektriker oder Lageristen zu suchen.


Bezahlen mussten für diesen Service aber nur die Arbeitgeber, die einen neuen Mitarbeiter bzw. eine neue Mitarbeiterin gesucht haben? Das lief immer über ein Jahres-Abo?

Dr. Simon Bertl: Genau. In all den Jahren war ländlejob.at für Bewerber immer kostenlos. Für Firmen gab es von Anfang an ein Jahresabo und das ist auch bis heute so geblieben.


Wie lief das Jobportal an? Wie haben Sie die Leute auf die neuen Möglichkeiten der Mitarbeitersuche aufmerksam gemacht? Denn zur damaligen Zeit hatten viele Unternehmen mit dem Internet oder Computern generell noch nicht viel zu tun.

Dr. Simon Bertl: Auch wenn für viele Firmen das Internet damals noch Neuland war, lief ländlejob.at von Anfang an richtig gut. Die Zeit war in Vorarlberg einfach reif dafür. Um für ein Online-Medium Werbung zu machen, musste man damals allerdings offline vorgehen. Wir haben Inserate in Printmedien geschaltet und zehn Werbeschilder an neuralgischen Punkten in ganz Vorarlberg anbringen lassen. Meine Sekretärin und ich sind zudem direkt zu den in Frage kommenden Firmen gefahren, haben vor Ort angerufen und gesagt, dass wir gerade in der Nähe wären und unser Konzept gerne vorstellen würden. Gefreut und vielleicht auch ein bisschen erstaunt hat mich, dass mir in Vorarlberg von vornherein ein großes Vertrauen entgegengebracht worden ist – denn recht schnell konnten wir auch große Unternehmen zu unseren Kunden zählen. Und die meisten dieser Firmen sind auch heute noch dabei.


Vorarlberg war also das richtige „Pflaster“? Denken Sie, dass das Konzept in anderen Bundesländern im Jahr 1999 auch aufgegangen wäre?

Dr. Simon Bertl: Ja, es war der richtige Ort – und ich denke, dass ein Online-Jobportal zum damaligen Zeitpunkt in anderen Regionen Österreichs tatsächlich nicht funktioniert hätte. Vorarlberg war hier ein ganzes Stück – gar Jahre – voraus, was zum großen Teil auch ein Verdienst von Eugen A. Russ ist. Denn er hat das Potenzial des Internets erkannt, als viele noch dachten, dass sich das nicht wirklich durchsetzen würde und hat dementsprechend gehandelt und diverse Online-Produkte bzw. -medien ins Leben gerufen.


In 20 Jahren ländlejob.at erlebt man bestimmt eine Menge – Lustiges, Kurioses und Erstaunliches. Gibt es Begebenheiten, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind?

Dr. Simon Bertl: Da gibt es wirklich viel zu erzählen: Zum Beispiel die Geschichte einer jungen Frau, die bei uns im Büro ihre Bewerbung abgegeben hat. Schnell wurde ihre Anfrage an diverse Firmen weitergeleitet und als sich die Dame nach nicht allzu langer Zeit verabschiedet hatte und gerade am Hinausgehen war, bekam ich einen Anruf eines Arbeitgebers, der sie gerne einstellen wollte. Noch ehe sie das Büro verlassen hatte, war sie erfolgreich vermittelt worden.

Was mir auch immer in Erinnerung bleiben wird, ist die Stellenanzeige eines Installateurs. Dieser hatte – auf der Suche nach einem neuen Mitarbeiter – eine Printanzeige geschaltet, in der, außer der Telefonnummer, nur „Suche guten Mann“ zu lesen war. Verständlicherweise bekam der Firmenchef auf diese Weise keine passenden Anrufe. Mit einer Anzeige auf ländlejob.at und natürlich der Angabe von Firma und Position, hatte der Kleinunternehmer innerhalb von zwei Tagen einen neuen Mitarbeiter – nämlich seinen Nachbarn.

Nicht erfreulich, aber im Nachhinein doch auch lustig und kurios war ein Hackerangriff auf ländlejob.at. Der „Angreifer“ machte sich einen Spaß daraus, unseren Kunden eigenartige Bewerbungen zu schicken. Dies flog glücklicherweise schnell auf, da mich die Firmen kontaktierten und nachfragten – waren sie es doch gewohnt, seriöse Stellenanfragen zu erhalten.


Und zum Schluss: Was würden Sie Firmen raten, die auf ländlejob.at eine Stelle ausschreiben? Was hat sich seit 1999 geändert? Was war damals wichtig und was ist es heute?

Dr. Simon Bertl: Damals waren es oft noch grundlegende Dinge, auf die kleine Unternehmer, wie eben der Installateur, hingewiesen werden mussten – dass also in einer Stellenausschreibung alle relevanten Informationen zu finden sein müssen. Heute ist es die richtige „Verschlagwortung“ bei einer Anzeige. Denn wenn ein Tischler gesucht wird, bei den Keywords aber nur „Schreiner“ eingegeben wird, kann die Anzeige von Usern, die auf der Suche nach einer freien Tischler-Stelle sind, nicht gefunden werden. Deshalb ist es wichtig, die Kunden darauf aufmerksam zu machen, bei der Eingabe ihrer Stellenanzeige dieses Feld – richtig – auszufüllen.

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